NOXX Hotel Marburg – Geschichte, Nachhaltigkeit und Design in perfekter Symbiose
Das neu eröffnete NOXX Hotel in Marburg ist nicht nur eine Bereicherung für die Universitätsstadt, sondern auch ein beeindruckendes Beispiel für die gelungene Verbindung von Geschichte und Moderne. Als Teil des Lifestyle-Areals des LOKSCHUPPEN Marburg symbolisiert das Hotel die Transformation eines Industriedenkmals in ein lebendiges Zentrum für Genuss, Begegnung, Arbeit und Erholung.
Die Geschichte des Marburger Lokschuppenareals reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück. Nach Jahrzehnten des Verfalls sollte das ehemalige Deutsche Bahn-Gelände im Jahr 2017 veräußert werden. Unternehmer Gunter bewarb sich mit einer visionären Idee, die charakteristischen Denkmäler neu zu beleben. Sein Ziel war es, den Lokschuppen und das umliegende Gelände in einen Begegnungsort zu verwandeln, der die industrielle Vergangenheit bewahrt und gleichzeitig Raum für die heutigen Anforderungen schafft. Das Konzept überzeugte die Expertenjury und Schneider erhielt den Zuschlag. Heute umfasst das Areal neben dem NOXX Hotel auch die LUMEOS Eventlocation, den INNOCOU Coworking und Gründer-Hub sowie Café, und das PASSIOPETUA Restaurant.
Das NOXX Hotel ergänzt das ambitionierte Projekt um zusätzliche Seminarräume für Tagungen sowie komfortable Übernachtungsmöglichkeiten. Mit 82 Zimmern heißt es sowohl Geschäftsreisende als auch Städteurlauber willkommen.
Das Hotel besteht aus einem historischen Bestandsgebäude im Erdgeschoss, auf das sechs neue Geschosse optisch aufgesetzt wurden – eine technisch anspruchsvolle Konstruktion. Im Erdgeschoss befinden sich die Lobby, der Community- und Frühstücksbereich und mehrere Seminarräume. Das erste Obergeschoss enthält ein Fitnessstudio sowie sechs Gästezimmer. Die Etagen zwei bis fünf beherbergen insgesamt 76 weitere Zimmer folgender Kategorien: Essential, Comfort, Loft und Suite.
Die insgesamt 8/9 Lofts sind durch die enthaltenen Pantryküchen besonders für Longstay Gäste und Familien geeignet. Das sechste Obergeschoss bietet weitere Seminarräume, eine Hotel-Bar und eine großzügige Rooftop-Terrasse mit Panoramablick über die mittelalterlich historische Stadt Marburg und das Landgrafenschloss.
Nachhaltigkeit spielt für das Hotel eine zentrale Rolle: Das NOXX – Hotel erfüllt den anspruchsvollen 55-EE-Standard, wodurch es 45 % weniger Energie verbraucht als die gesetzlichen Anforderungen für Neubauten dieser Art vorschreiben. Neben den zeitgemäßen Standards wie Wärmepumpen, Photovoltaik, Fernwärme und erhöhtem Wärmeschutz wird dies vor Allem durch eine eigene intelligente Gebäudetechnologie ermöglicht, welche Temperaturen, Belüftung und Beleuchtung konstant monitort und sich den ändernden Bedingungen anpasst. Energetisch optimiert, werden die Zimmer gemäß Bedarf angesteuert und etwa zeitgenau aktiviert, wenn sich ein Gast ankündigt oder auf „Standby“ geschaltet, wenn sie vakant sind.
Interior-Design von Studio ABERJA
2021 konnte sich das Studio ABERJA in einem Interior-Wettbewerb durchsetzen und erhielt den Auftrag für die Planung und Gestaltung der Innenräume. Dabei verfolgte das Designstudio einen funktionalen und gestalterischen Ansatz, der sowohl die architektonischen Gegebenheiten als auch die historische Identität des Gebäudes einbezieht.
Funktionales Interior
Die besonders komplexe und differenzierte Baukörperform des Hotels resultierte in einer Vielzahl an unterschiedlichen Grundrisstypen. Keines der 19 Zimmer auf einer Etage ist wie das andere. Für ein innovatives Hotelkonzept, mit frischen Ideen und einem progressiven Ansatz in der Gestaltung, kann jedoch nicht jedes Zimmer exklusiv gedacht werden. Daher hat sich ABERJA einen Ansatz der Homogenisierung der Hotelzimmer überlegt: Durch die Entwicklung und den Entwurf von typisierten und standardisierten Einbaumöbeln wie Regalen, Kleiderschränken und auch eines besonderen Einbauwaschtisches konnten die verschiedenen Layouts der einzelnen Zimmer beruhigt werden und dennoch ein hohes Maß an individueller Gestaltung eingebracht werden.
Gestalterisches Interior
Als wichtiger Ausgangspunkt der Gestaltung galt der „Genius Loci“ – der Geist des Ortes. Der historische Lokschuppen und seine industrielle Vergangenheit dienten als Inspirationsquelle.
Warme Töne des Ziegelmauerwerks kombiniert mit der Patina alter Stahlelemente fließen in das Design und die Auswahl der Farben und Materialien ein. Ein besonderes Highlight ist z.B. die Wasch-Halbschale aus gebogenem Schwarzstahl, welche an den Dampfkessel einer Lokomotive erinnert und damit eine visuelle Brücke zur Geschichte des Gebäudes schlägt.
Es ist jedoch nicht nur der Lokschuppen, welcher als Inspirationsquelle für das Design herangezogen wurde, sondern auch das technische Denken und die starke Verbindung zur High-Tech-Optikindustrie des Bauherren Gunter Schneider. Die Leidenschaft für technische Lösungen und Innovation, wie z.B., dass noch einmal sechs Geschosse höchst komplex auf die historische Maschinenhalle aufgesetzt wurde, das alte Mauerwerk aufwendig abgefangen wurde und sich dies in einer Vielzahl an Stützen äußerte, diente als Ausgangspunkt für das Interior Design.
Diese Stützen werden nicht hinter Einbauten versteckt, sondern bewusst gezeigt und in Szene gesetzt. Verschiedene Möbel wie z.B. die Sitzbänke vor den Betten greifen die Thematik der Stützen formal auf und interpretieren sie neu. In der Lobby und dem Frühstücksbereich des Hotels werden die insgesamt 24 Rundstützen durch Sitzbänke, Tische, Regale und raumfüllende Leuchten zu einer großen Raumskulptur verbunden, welche in Ihrer Gestaltung erneut an eine große Maschine erinnern. Die sorgfältig kuratierten Farben und Materialien der Einbauten und Möbel brechen mit der Analogie zur Maschine und erfüllen den notwendigen Grad an Abstraktion.
Diese Ode an die Ingenieurskunst ist auch der Name der Grafikserie, welche Studio ABERJA exklusiv für das NOXX entwickelt hat – historische Zeichnungen von Maschinen, welche neu zusammengesetzt eigenständige Objekte erzeugen. Besonders spannend hierbei ist das Spiel mit Symmetrie und diese in ausgewählten Bereichen zu brechen.
Die statischen Besonderheiten des Gebäudes sind jedoch nicht das einzige Beispiel einer engen Zusammenarbeit zwischen Bauherr Gunter Schneider und Design Studio ABERJA.
Vor Allem das Thema Licht, in seinen verschiedensten Facetten, dessen Wirkung im Zusammenspiel mit Altbau vs. Neubau und die damit verbundene Inszenierung des Interiors ergab einen spannenden Austausch während der Designphase. Das wohl Beste Beispiel für die inspirierte Zusammenarbeit ist die von Schneider und ABERJA entwickelte NOXX Signature Leuchte. Eine Leuchte mit parametrisch designter Wellenstruktur und dem darauf abgestimmten einzigartigen Leuchtkörper und Technik. Letztlich entsteht ein abstraktes Lichtspiel, das an die Iris eines Auges erinnert und besonderen Charakter entfaltet.